Bluthochdruck, gestörter Knochenstoffwechsel, Anämie – die chronische Nierenerkrankung kann zahlreiche Komplikationen nach sich ziehen. Ihnen begegnen diese Pathologien oft subklinisch, sprich: Sie müssen die Patienten regelmäßig einbestellen und untersuchen.
Meistens sehen Sie in Ihrer Praxis chronisch Nierenkranke, bei denen die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) gar nicht oder nur langsam abnimmt. Eine Progredienz lässt sich mitunter schwer von einem altersbedingten Funktionsverlust abgrenzen. Ab einem Alter von 40 Jahren gelten 2 ml/min/1,73 m2 weniger pro Jahr als normal, heißt es in der aktuellen S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin.
Für das Fortschreiten einer Nierenerkrankung sprechen:
Übergang in ein höheres Stadium mit mindestens 25%iger Veringerung der GFR im Vergleich zum Ausgangswert
anhaltende Abnahme der GFR um mehr als 5 ml/min/1,73 m2 (schnelle Progression)
Sogar Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung (chronic kidney disease, CKD) in den Stadien G3–4 tragen nur ein geringes Risiko für eine terminale Insuffizienz.
Gefährdet sind vor allem Übergewichtige und diejenigen mit Proteinurie (s. Kasten). Zu den prädisponierenden Faktoren zählen auch mit der CKD assoziierte Zweiterkrankungen, die stadienabhängig auftreten und in der Hausarztpraxis in der Regel durch ein Monitoring auffallen.
Risikofaktoren für eine terminale Niereninsuffizienz
Wie häufig entsprechende Untersuchungen erfolgen, sollen Sie individuell und gemeinsam mit dem Betroffenen entscheiden. Gewünscht ist aber eine Minimalfrequenz: So bietet sich bei einer Filtrationsrate zwischen 45 und 59 ml/min/1,73 m2 ein jährliches Intervall an – mit Medikamentenreview, Blutdruckmessung, eGFR- und Serumkreatininbestimmung. Ab Stadium G3b (30–44 ml/min/1,73 m2) oder bei schwerer Albuminurie kommen zwei oder mehr Termine pro Jahr infrage.
Eiweiß im Urin weist auf eine Nephropathie und ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko hin, erinnert die DEGAM. Wurde eine Proteinurie bei der CKD-Erstdiagnose ausgeschlossen, ist der Nutzen regelmäßiger Kontrollen jedoch unklar. Lediglich mit Diabetikern kann man dann ein Monitoring von Albumin-Kreatinin-Ratio oder Mikroalbuminurie besprechen, so die Empfehlung.
Die renale Anämie betrifft vorwiegend Patienten mit fortgeschrittener Nierenerkrankung. Gescreent werden sollte im Stadium G3b jährlich, ab Stadium G4 halbjährlich. Liegt der Hb-Wert unter 11 mg/dl, braucht man noch Serumferritin und Transferrinsättigung. Nur die Kombination dieser beiden Werte gibt den Eisenstatus ausreichend wieder. Die Therapieentscheidung richtet sich vor allem nach der Klinik. Nicht immer genügt die orale Substitution, denn die Eisenresorption ist zum Teil eingeschränkt.
Störungen im Knochenstoffwechsel und Kalzium-Phosphat-Haushalt fallen unter den Oberbegriff „CKD – mineral and bone disorder“. Vitamin-D-Mangel, Hyperphosphatämie, Osteoporose und sekundärer Hyperparathyreoidismus erfordern eine spezifische Behandlung.
Rechtzeitig den Nephrologen hinzuziehen
Diese gehört bei der mineral and bone disorder allerdings eher in den fachärztlichen Bereich. Allgemeinmediziner sollten ab einer GFR < 30 ml/min/1,73 m2 einmalig Kalzium, Phosphat, Parathormon und Vitamin D messen und Kontrollen individuell festlegen bzw. den Patienten zum Nephrologen schicken. Grundsätzlich rät die DEGAM zu einer differenzierten Überweisungsstrategie. Erwägen Sie, den Spezialisten u.a. hinzuzuziehen, wenn sich die Nierenfunktion im Sinne einer raschen Progression verändert oder sich eine Albuminurie verschlimmert.
Quelle: S3-Leitlinie Versorgung von Patienten mit chronischer nicht-dialysepflichtiger Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis, AWMF-Register-Nr. 053-048, www.awmf.org